© Lona•media
Es ist ein einzigartiges Gelände, nicht nur in Deutschland, sondern europaweit – die Spinnerei. Das Areal im Westen Leipzigs war eine der erfolgreichsten Produktionsstätten für Baumwollgarne in der DDR und schreibt seine Geschichte bis in die Gegenwart fort. Das Gelände wandelte sich zu einem der umtriebigsten Kulturorte. Mit dem Motto: from cotton to culture steht die Spinnerei für den bahnbrechenden Erfolg der Neuen Leipziger Schule und Neo Rauch, aber auch für eine einzigartige Industriearchitektur, wie man sie in der Größenordnung und Erhaltung kaum mehr zu sehen bekommt.
Ingrid Grieger war eine der ersten Frauen, die dort in den 50er Jahren ihre Lehre absolvierte. Sie erinnert sich noch gut, „wie anstrengend die Arbeit war“, aber „das es auch einen tollen Zusammenhalt gab“. In der Baumwollspinnerei arbeiteten nahezu nur Frauen. Einer der wenigen Männer war Wolfgang Knospe, im Film zeigt er die geheimen Verstecke in den Katakomben unter den Gebäuden, wo man Verstecken spielte und das eine oder andere Liebeständel hatte.
Die Geschichte der Spinnerei beginnt Ende des 19.Jahrhunderts mit einer Vision – der Vision von Dr. Carl Heine, Advokat, Industrieller, wohlhabend. Er sah das Potential des Sumpflandes im Westen Leipzigs, wollte es urbar machen. Die Leipziger Baumwollspinnerei wächst in diesen Jahren zur größten Spinnerei Europas. Krieg, Inflation und soziale Unruhen gehen nicht spurlos an dem Unternehmen vorbei. Auch die Nationalsozialisten investieren in die Spinnerei, lassen Garne für Militäruniformen herstellen. 1946 wird sie zum Volkseigenen Betrieb. Mit dem Mauerfall endet die Garnproduktion in der Spinnerei. Künstler ziehen in die günstig zu mietenden Räume ein, bis im Jahr 2000 schließlich das Gelände zum Verkauf steht. Und wieder ist es einer Vision zu verdanken, die die Bauwollspinnerei neu aufblühen lässt. Bertram Schultze, der als Möbeldesigner einer der ersten Mieter war, sieht das Potential dieses Geländes und entwickelt die Idee, daraus einen Kulturort zu machen.
„Ich hätte nie gedacht, dass ich bleiben würde. Am Anfang hörte man noch die letzten Maschinen und dann waren wir alleine mit den Ratten.“ – erinnert sich Hans Aichinger, einer der Vertreter der Neuen Leipziger Schule. Zwei Mal im Jahr kommen inzwischen um die 25.000 Menschen zum berühmt gewordenen Galerierundgang, wenn alle Ateliers und Werkstätten öffnen. Die Spinnerei ist ein faszinierender Industriebau undKulturstätte gleichermaßen.
DIE BAUMWOLLSPINNEREI IN LEIPZIG
Dokumentation | MDR
45 Min. | 2020
Regie: Nicola Graef
Produktion: Lona•media